Leseprobe
aus der 13., aktualisierten, völlig überarbeiteten Neuauflage unseres
Buches, Januar 2016:
Glücksforschung und Glückswissenschaft Band II
Hirnforschung, Neurobiologie, DNS und unsere happy Gene
(Harvard, Mass., USA) Heute wissen wir sicher, dass eine Ursache
der chronisch gedrückten Stimmung, des Schwermuts und der Depression nicht nur
viele, überwältigend unangenehme Stimmungen und Gefühle sind, sondern auch der
Mangel oder das komplette Fehlen von angenehmen Gefühlen, guter Stimmung, freudig
vorwegnehmenden Erwartungen, Vorfreude, Freude, Liebe,
Interesse, Zufriedenheit, heitere Gelassenheit und Glücksgefühlen. Das
können exakt lokalisierbare Nervenzellen in bestimmten Hirnregionen wegen genetischen, neuro- und molekularbiologischen Entwicklungs- und Funktionsstörungen nicht mehr.
Weil all die eben genannten schönen Stimmungen und
Gefühle fehlen, bauen sich die zuerst genannt schmerzhaft unangenehmen Gefühle
und Stimmungen auf. Eine naturgegebene Ursache dafür ist die Antriebs-, Lust- und Freudlosigkeit, und
ihr anatomischer Ort im Gehirn ist ein nicht gut genug funktionierendes Lust-, Belohnungs- und Glückssystem.
Niedergeschlagene, schwermütige und depressive Menschen leiden, weil sie
antriebs-, lust- und freudlos sind und ihr mittig oberes, hinteres Vorderhirn, naturgemäß darauf aufbauend
pessimistische, hilf- und hoffnungslos verzweifelte Gedankengänge aufbaut. Die
neuro- und molekularbiologischen Entwicklungsstörung, Fehlfunktion und
Unfähigkeit bestimmter Hirnregionen sich von den ersten 0,3 Sekunden an
gut genug fühlen zu können, ist die körperliche
Grundlage und Ursache ihres Leids.
Depression ist eine Entwicklungsstörung und Fehlfunktion. In
einer akut depressiven Phase ist die normale Funktionsweise des Gehirns gestört. Das von psychologischen Psychotherapeuten altbekannte Mantra (Glaubensbekenntnis), dass die Depression eine
"Gleichgewichtsstörung der Botenstoffe im Gehirn" sei, können sie ruhig ein
für alle mal für immer vergessen. So einfach ist sie leider nicht erklärbar. Wie die Depressionsforschung aktuell sicher weiß, sind die neuro- und molekularbiologischen Ursachen nicht so simpel und einfach, wie sie glauben und
uns seit mehr als 50 Jahren erzählen, sondern in der Tat sehr viel komplexer
(Insel, 2010, Rao, 2010).
Anfangs versuchen an Depression erkrankte Menschen ihre Beschwerden mit
mehr Kraftanstrengung zu überwinden. Das ist etwa so wie bei einem Auto,
das mit angezogener Handbremse anfährt. Eine Zeit lang geht das einigermaßen,
aber der Aufwand, die normale Leistung aufrechtzuerhalten, wird größer, und
irgendwann verlassen sie ihre Kräfte. Die Depression wird immer schlimmer, bis man meist nur noch im Bett liegen
bleibt. Das ganze Denken kreist nur noch um das eigene Befinden.
Ignoranten meinen immer noch, die bräuchten sich nur zusammenzureißen. Das können sie nicht. Sie können sich nicht motivieren aufzustehen und loszugehen. Sie sind nicht faul, sondern ihr Gehirn - ihre oberste Steuer
und Leitzentrale - funktioniert nicht mehr gut genug. Sie stehen nicht
mehr aus dem Bett auf, weil ihr extrem schwach innerviertes Gehirn, insbesondere ihre
direkt über dem linken Auge liegende Hirnwindung (linker orbitaler Cortex) und linkes Vorderhirn erwartet und glaubt, dass ihr Leben nicht nur 0,0 Spaß für sie bereithält, sondern - aus der Beurteilung ihres Gehirns vollkommen richtig - eine noch größere Qual ist.
Die ärztlich behandelbare, teilweise genetisch veranlagte
Entwicklungsstörung und Fehlfunktion des Gehirns Depression ist keine Dopamin-, Noradrenalin-
oder Serotonin-Stoffwechselstörung, nichts Psychisches, Geistiges, Seelisches oder ähnlicher Schwachsinn, sondern
eine körperliche, chronische Entwicklungsstörung und Fehlfunktion,
wie alle chronischen Krankheiten wie etwa Diabetes, Rheuma oder Angina pectoris auch. Wer dafür genetisch veranlagt
anfälliger ist hat im Laufe seines Lebens und im Zusammenspiel mit
bedrückenden Lebensereignissen, ein erheblich größeres Erkrankungsrisiko an Depression zu erkranken, als
Leute,
die nicht genetisch veranlagt dafür anfällig sind. Bestimmte neuro- und molekularbiologische
Lebensmechanismen funktionieren in ihrem Gehirn, genetisch und entwicklungsbedingt, vorübergehend oder
chronisch auf Dauer nicht mehr gut genug. Der anatomische Ort der Krankheit sind
exakt lokalisierbare Nervenzellen in ein paar Hirnregionen des Hirnstamms, Mittel- und Vorderhirns. Depression ist eine
ganz normale körperliche Entwicklungskrankheit.
Wenn das eigene Leben zur Last wird, ist aber in Deutschland - Gott sei Dank! - heutzutage
kostenlos Hilfe zur Hand. Die Pille heißt Fluctin® (Prozac®,
Hersteller: Lilly Industries, USA), und ein Besuch beim Hausarzt oder am
besten gleich bei einem Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie (Psychiater) hilft am besten2,3,4,5).
Mehrere zehn Millionen Menschen weltweit nahmen oder nehmen
Fluctin® bereits mit Erfolg.
Insbesondere aber wirken Fluctin® oder ähnliche Serotonin-Wiederaufnahmehemmer wie Setralin®, Paxil®/Seroxat® oder LUSTRAL®
am schnellsten (sechs bis acht Wochen), während eine Psychoanalyse mit unwirksamen Psycho-Gelaber
bei einem Psychoanalytiker gewöhnlich viel Zeit in Anspruch nimmt (fünf Jahre?). Mittelschwer- und schwerdepressive Menschen sollten deshalb unbedingt Antidepressiva
zur Behandlung ihrer Krankheit nehmen, weil sie damit am schnellsten, einfachsten und deshalb am besten
aus ihrem tiefen Loch herauskommen. Die Pillen haben kaum Nebenwirkungen, und wer sie nicht verträgt, kann sie sofort
absetzen.
Der internationale Goldstandard und das Mittel der ersten Wahl zur Depressionsbehandlung ist deshalb heutzutage eine Kombination aus: Tabletten-Behandlung + Kognitiver Verhaltenstherapie
Dabei ist das Behandlungsziel keine sofortige Besserung - Die gibt
es nicht. -, sondern ein Entwicklungsprozess, bei dem der Patient gegen Ende
seiner Behandlung wieder Schritt für Schritt in seine gewohnte Umgebung
zurückkehrt, um ihn wieder lebenstauglich zur Bewältigung seiner alltäglichen Lebensaufgaben zu
machen. Das Ziel der
Therapie ist, dass er mit den Anforderungen des normal üblichen Lebens wieder fertig wird.
In Deutschland noch zu wenig verbreitet, weil für uns zu teuer, aber weit leistungsfähiger als die sogenannte Positronen-Emissions-Tomografie (PET) ist das neue funktionelle Kernspin-Verfahren (Siemens, Knoxville, Tennessee). Die funktionelle Kernspin-Tomografie spürt den Fluss des Sauerstoffs im Gehirn auf. So können Hirnforscher dem Gehirn Sekunde für Sekunde - gleichsam
real live, bei seiner Arbeit - beim Empfinden, Fühlen und Denken zuschauen.
Mit ihrer Hilfe werden wir in Zukunft die Funktionsweise des Gehirns immer besser verstehen können.
Die folgende Grafik einer funktionellen Kernspin-Aufnahme, vom US-National Institute of Mental Health in Bethesda, Maryland, USA, zeigt das Gehirn einer an Depression erkrankten Frau, vor und vier Wochen nach ihrer medikamentösen Behandlung mit einem Serotonin-Wiederaufnahmehemmer. Der rechte Teil der Grafik zeigt deutlich wesentlich stärkere Aktivitätsmuster, ganz besonders in ihrem linken Stirnlappen,
vier Wochen nach der medikamentösen Behandlung:
Funktionelle Kernspin-Aufnahme vom Gehirn einer an Depression erkrankten Frau, vor und vier Wochen nach der Einnahme eines Serotonin-Wiederaufnahmehemmers
Man fühlt sich erschöpft, mutlos, uninteressiert, schläft schlecht und es
mangelt an Selbstwertgefühl. Wie können Erkrankte die Symptome lange
verheimlichen? In der Depressionsforschung hat sich bestätigt, dass die
Depression von Hausärzten viel zu selten erkannt und richtig diagnostiziert
wird. Nur ein Teil der Erkrankten ist aber auch bereit, sich mit einer
Kombination aus Tabletten-Behandlung + Kognitiver (= gedanklich erkennender)
Verhaltenstherapie behandeln zu lassen. Das ist bei einer behandelbaren
Krankheit ein Trauerspiel.
Wer mit einer Gehirnentzündung zu einem Wunderheiler geht, riskiert kostbare Zeit zu verlieren. Betrachten Sie das Beispiel Ruanda, Afrika6): Dort wurden Überlebende des Völkermords angehalten, ihre erlebten Gräuel mit westlicher Gesprächstherapie noch einmal zu erleben, um sie aufzuarbeiten. Viele Patienten brachten sich daraufhin um. Exorzismus, Voodoo oder Teufelsaustreibung - durch ihre Schamanen - wären mit Sicherheit besser für sie gewesen. Sigmund Freud's Psychoanalyse ist letztendlich auch nur ein
rituelles Psycho-Gelaber: Fünf Jahre lang, dreimal wöchentlich, eine Stunde bei einem wildfremden Mann auf der Couch
zu liegen, von seiner Kindheit zu erzählen, um sich von irgendeiner "Neurose" -
Die man nie hatte, nicht hat und nie haben wird, weil sie nicht existiert. - zu befreien.
Bedrückende Lebensereignisse machen die meisten Menschen nicht krank. Aber
das Zusammenspiel bedrückender Lebensereignisse mit einem genetisch veranlagt
höheren Risiko für die Anfälligkeit für Depression führen dazu, dass
Depressionen sich
entwickeln können.
1) Kessler, R. C. et al., in: Journal of American Medical Association (JAMA), Heft Juni 2003, Bd. 289, Seite 3095 bis 3105.
2) Montgomery S.: Selective
serotonin reuptake inhibitors in the acute treatment of depression, in:
Bloom, E. und Kupfer, D. J. (Hrsg.): Psychopharmacology, The Fourth
Generation of Progress, New York, Raven Press, 1995, Seite 1043 bis 1051.
3) Kramer, Peter D.:
Glück auf Rezept, Der unheimliche Erfolg der Glückspille Fluctin, Kösel
Verlags-GmbH & Co., München, 1995.
4)Depue, Richard A. und Collins, Peter F.: Neurobiology of
the structure of personality: Dopamine facilitation on incentive
motivation and extraversion, in: Behavioral and Brain Sciences,
1999, Bd. 22, Seite 491 bis 569.
5) Mulrow, C., Williams, J. Jr. und Trivedi M.: Evidence report on treatment of depression - newer pharmacotherapies, Psychopharmacology Bulletin, 1998, Bd 34. (Heft 4), Seite 409 bis 795.
6) Solomon, Andrew: Saturns Schatten - Die dunklen Welten der Depression, S. Fischer Verlag, Frankfurt, 2001.
7) Pampallona, Sandro, Bollini, Paola, Tibaldi, Guiseppe, Kupelnick, Bruce und Munizza, Carmine: Combined Pharmacotherapy and Psychological Treatment for Depression, A systematic Review, in: Archives of General Psychiatry, 2004, Bd.61, Heft 7, Seite 714 bis 719.
Pim Cuijpers und seine Kollegen verglichen in ihrer
Meta-Analyse 2010 zum ersten Mal die Wirksamkeit von Kombinationstherapien mit reinen Gesprächstherapien. Im Vergleich zu den reinen Gesprächstherapien
hatten die Kombinationstherapien eine um Cohens's
d = 0,25 stärkere Wirkung. Gemäß Jacob Cohen zeigt ein:
d = 0 keine Wirkung, d = 0,2 bis 0,49 eine schwache, aber statistisch bedeutsame, d = 0,5 bis 0,79 eine mittelmäßige und d > 0,8 eine starke Wirkstärke an (Cohen, 1988).
Aufgrund der Ergebnisse ihrer Meta-Analyse kommen die Forscher zu dem Schluss, dass die medikamentösen Ergänzungsbehandlungen einen schwachen, aber statistisch bedeutsamen Beitrag
in der Stärke von d = 0,25 zur besseren Wirksamkeit der Kombinationstherapien leisten (Cuijpers,
Juni 2010).
Zum leichteren Verständnis zeigen die folgenden Grafiken aus einer Vergleichsstudie von Frans de Jonghe und seinen Kollegen (2004)
zum Beispiel die unterschiedlichen Wirkungsverläufe einer Gesprächstherapie und einer Kombinationstherapie:
Die HAM-D-Skala ist der in Depressionsstudien meist verwendete
Fragebogen zur Feststellung der Schwere einer Depression. Sie ist eine
Fremdbeurteilungsskala, bei der ein Psychologe, Psychotherapeut oder Psychiater,
nicht der Patient, beurteilt, wie schwer Symptome für eine Depression
ausgeprägt sind, beispielsweise Traurigkeit, Schuldgefühle oder Selbstmordgedanken.
Die Wirkstärke von Gesprächstherapien wird wegen Veröffentlichungsverzerrungen überschätzt, weil Forschungsergebnisse mit starken Wirkstärken in den Fachzeitschriften eher veröffentlicht werden, als solche mit schwachen Wirkstärken.
Ein Team Klinischer Psychologen um Pim Cuijpers analysierte in einer Meta-Analyse 2010 zum ersten Mal 117 Studienergebnisse über die Wirksamkeit von Gesprächstherapien. Als Erstes stellten sie fest, dass die durchschnittliche Wirkstärke einer Behandlung ein Cohen's
d = 0,67 war, wobei ein Cohen's d = 0 „keine Wirkung“ bedeutet. Nachdem sie aber die Veröffentlichungsverzerrungen herausgerechnet hatten sank die durchschnittliche Wirkstärke der Gesprächstherapien von Cohen's
d = 0,67 auf d = 0,42. Bei den 89 analysierten Kognitven Verhaltenstherapie-Studienergebnissen sank die durchschnittliche Wirkstärke von Cohens's
d = 0,69 auf d = 0,49 (Cuijpers, 2010).
Kurz und bündig: Kenner der Materie wie Glückswissenschaftler, Ärzte, Psychotherapeuten und Fachärzte für Psychiatrie beurteilen die Wirkstärke eines Cohen's
d = 0,2 bis 0,49 als schwach, aber statistisch bedeutsam, eines d
= 0,5 bis 0,79
als mittelmäßig und eines d > 0,8 als stark. Von einer reinen psychotherapeutischen Gesprächstherapie können Sie realistisch betrachtet eine
schwache bis mittelmäßige Wirkung von Cohen's
d = 0,42 und von einer Kognitiven Verhaltenstherapie ein d von
0,49 erwarten, leider nicht mehr, weil Depressionen unheilbar, aber behandelbar sind.
Fazit für die Arzt- und Facharztpraxis Die Adhärenz zur Antidepressiva-Therapie ist mit einer geringeren Gesamtsterblichkeit verbunden, sowohl in einer bevölkerungsbasierten Kohorte,
die nicht weiter eingeschränkt wurde, als auch in einer Kohorte mit koronarer
Herzkrankheit (KHK). In Deutschland werden 60 % aller Erstverschreibungen von
Nicht-Psychiatern durchgeführt. Daher ist es nicht nur für Psychiater wichtig,
die Adhärenz zur Antidepressiva-Therapie zu verbessern. Information über die
Nachteile eines vorzeitigen Absetzens der Antidepressiva-Therapie in Bezug auf
ihre Sterblichkeit sollte unbedingter Teil des Aufklärungsgespräches bei der
Antidepressiva-Verschreibung sein.
Bei einer Erstmanifestation einer Depression wird empfohlen, die Antidepressiva
mindestens 6 bis 12 Monate einzunehmen. Bei wiederkehrender Depression wird die
Dauer von mindestens 2 Jahren empfohlen. Motivierende Gesprächsführung und
Kenntnisse über die Motivationsstadien, in denen sich die Patienten befinden,
sind weitere Schritte im Aufklärungsgespräch, die zur Verbesserung der Adhärenz
beitragen können. Die Verschreibung von Antidepressiva sollte in ein umfassendes
Arztgespräch eingebunden sein.
Die Adhärenz zu Antidepressiva ist mit niedrigerer Sterblichkeit assoziiert: Eine 4-jährige auf der allgemeinen Bevölkerung basierte Kohortenstudie
Ziel: Das Ziel dieser Studie war es, den Zusammenhang zwischen der Adhärenz zu Antidepressiva und der „All-cause“-Sterblichkeit
in einer auf der allgemeinen Bevölkerung basierten Kohorte zu untersuchen.
Methode: Die Daten wurden aus der elektronischen Patientenakten-Datenbank der größten Gesundheitsanbieter in Israel (53 % der nationalen Bevölkerung) von insgesamt
251.745 Patienten im Alter von 40 Jahren oder älter extrahiert, die zwischen 2008 und 2011 ein Antidepressivum-Rezept mindestens einmal eingelöst hatten. Die
Hauptoutcome-Variable war die Gesamtsterblichkeit während der Studiendauer. Adhärenz wurde als kontinuierliche Variable dargestellt, als „Besitz-Verhältnis“
(Dauer eingelöster Antidepressiva, dividiert durch die Dauer der vorgeschriebenen Antidepressiva) gemessen. Ein Polynom-Modell der
Proportional-Hazard-Cox-Regression zur multivariablen Überlebens-Analyse wurde verwendet. Adjustiert wurde für demographische und klinische Variablen, die die
Sterblichkeit beeinflussen.
Ergebnisse: Die Assoziation zwischen Adhärenz und Hazard Ratio (HR) für die Sterblichkeit folgt
einem quadratischen Modell, bei dem die niedrigste HR 0,66 auf einem Niveau von 60 % Adhärenz in Bezug auf Nicht-Adhärenz ist. Schlussfolgerung: Die Adhärenz zu Antidepressiva ist signifikant mit einer entsprechenden Abnahme
des Sterblichkeitsrisikos verbunden, wenn für relevante Kovariaten kontrolliert
wird. Ärzte aus allen Disziplinen sollten aktiv die Adhärenz zu Antidepressiva
ihrer Patienten verbessern, da die persistierende Einnahme der Antidepressiva
mit erhöhtem Überleben verbunden ist (Krivoy, A. et al,. British Journal of Psychiatry, 2015, 206,
S. 297–301).
Die Adhärenz bei Antidepressiva-Therapie und Sterblichkeit bei ischämischer Herzerkrankung: Eine Kohorten-Studie
Hintergrund: Der Einsatz von Antidepressiva bei Patienten mit ischämischer Herzkrankheit (KHK) wurde in Bezug auf die Wirkung der
Antidepressiva auf die Sterblichkeit bei einem Mangel an Daten und widersprüchlicher Ergebnisse diskutiert.
Ziel: Die Assoziation zwischen der Adhärenz zu Antidepressiva und der Gesamtsterblichkeit in einer populationsbasierten Kohorte von Patienten mit KHK zu untersuchen.
Methode: Für insgesamt 63.437 Patienten mit KHK, die zwischen 2008 und 2011 mindestens einmal im Laufe der Jahre
Antidepressiva erworben hatten, wurde die Gesamtsterblichkeit über 4 Jahre rückwirkend erhoben. Die Adhärenz wurde als ein Verhältnis zwischen eingelösten Antidepressiva-Rezepten und der vorgeschriebenen Einnahmedauer erhoben und modelliert als Non-Adhärenz (< 20 %), schlecht (20–50 %), mittel (50–80 %) und gut (> 80 %). Es wurden multivariable Survival-Analysen verwendet, die für demographische und klinische Variablen, die Sterblichkeit beeinflussen können, adjustiert wurden.
Ergebnisse: Die mittlere und gute Adhärenz-Gruppe hatte eine signifikant niedrigere bereinigte
Sterblichkeits-Hazard Ratio von 0,83 bzw. 0,86, verglichen mit der Nicht-Adhärenz-Gruppe.
Schlussfolgerung: Die Adhärenz zur Antidepressivum-Pharmakotherapie ist mit einer reduzierten
Gesamtsterblichkeit in einer bevölkerungsbezogenen großen Kohorte von Patienten mit KHK verbunden. Ärzte sollten ihre Anstrengungen zur Verbesserung der Adhärenz der Antidepressiva-Therapie
intensivieren (Krivoy, A. et al., British Journal of Psychiatry, 2015, 206, S. 297–301).
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