Auszug aus der 12., aktualisierten Neuauflage unseres Buches (2015):
Glückliche Menschen sind reizempfindlicher für alle Lust- und Belohnungsanreize jedweder Art.
Weltweit mehr als hundert Studien wiederholten in mehr als 39 Ländern in
den letzten zwanzig Jahren übereinstimmend immer wieder einen etwa 30- bis 70-prozentigen Zusammenhang zwischen der Geselligkeit/Extravertiertheit und dem Glück. In einer Doktorarbeit von Dr. Frank Fujita von
der Universität Illinois, beispielsweise, war der Zusammenhang sogar
so stark (80 Prozent!), dass Geselligkeit/Extravertiertheit und Glück kaum voneinander zu trennen waren.
Richtig ist zwar, dass extravertierte Menschen in allem und bei allem glücklicher sind als introvertierte Menschen
- selbst in nicht geselligen Situationen oder wenn sie allein sind -, aber nicht weil sie geselliger sind, sondern aus folgendem, in Deutschland unbekannten, weil wirklich neuem Grund (Lucas, 2000a, Lucas, 2000b):
Erstens ist die natürliche Ursache der
Extravertiertheit nicht,
wie seit mehr als 20 Jahren irrtümlich angenommen wurde, die Geselligkeit, sondern die Reizempfindlichkeit für alles Angenehme und Vergnügliche.
Zweitens ist die ständige Folgewirkung unseres uns vorwärts, voran, hin zu allen Lust- und Belohnungsanreizen jedweder Art motivierenden
„Hin zu"-, Annäherungs-, Dopamin- oder einfacher gesagt: unseres Lust-, Belohnungs- und Glückssystems, das ständig angenehme Angetan- und Beteiligtsein,
nicht nur an uns selbst, sondern an der Welt im
Ganzen.
Drittens haben Menschen mit einem reizempfindlicher reagierenden Lust-, Belohnungs- und Glückssystem ein angenehmeres Gemüts- und Gefühlsleben.
Viertens sind Menschen mit einem reizempfindlicher reagierenden Lust- und Belohnungssystem „ihr Leben lang" nicht nur reizempfindlicher für alles Angenehme und Vergnügliche, sondern auch motivierter, kontaktfreudiger,
geselliger, umgänglicher, freundlicher, gesprächiger, warmherziger, liebenswürdiger, sympathischer, attraktiver,
besser angepasst, selbstsicherer und bestimmter, hungriger nach Erregungen und unternehmungslustiger, wissensdurstiger, zwischenmenschlich geschickter und erfolgreicher,
lebhafter und aktiver, allseits beliebter und begehrter, immer gut drauf und – summa summarum
glücklicher.
Nicht nur, dass ihr heiteres Wesen und ihre ... unbefangene, ja mitreißende
Art eine ständige Freude für sie selbst ist: Sie sind eine
Wohltat für uns alle.
Dieses, in Deutschland viel zu unbekannte, weil wirklich neue
Wissen, ist umstoßend
und weit reichend. Denn, nicht nur renommierte Glückswissenschaftler wie der Oxford-Professor Michael
Argyle oder Persönlichkeitspsychologen wie Costa und McCrae haben seit 1980
stets die Meinung vertreten
(aber niemals bewiesen), dass die Ursache des größeren Glücks
der Extravertierten ihre größere Geselligkeit
sei.
Was sie aber niemals beweisen konnten und deshalb 20 Jahre
lang herum spekulieren mussten, war die
Beantwortung der simplen Frage: „Sind die
Extravertierten jetzt glücklicher, weil sie geselliger sind, oder sind sie
geselliger, weil sie glücklicher sind? Was ist die Ursache, und was
ist die Folge, dass sie glücklicher sind?"
Wie wir heute wissen, spiegelt die Wesensart Extravertiertheit unsere nach oben und unten schwankende angenehmen Gefühle - einschließlich der Glücksgefühle - wider.
Was wir empfinden und fühlen - unsere Empfindungen und Gefühle -
ist das Wesentliche, die äußeren
Umstände unwesentlich. Was für uns wirklich zählt sind unsere ganz persönlichen Erlebnisse und Erfahrungen, Empfindungen und Gefühle.
Äußere Umstände haben weniger Einfluss uns glücklich oder unglücklich zu machen, als die meisten Menschen glauben. Aber die freudige Vorwegnahme zukünftiger Umstände in der Fantasie eine ungeheure. Kurz und gut: Die natürliche Ursache dafür, dass extravertierte Menschen glücklicher sind als introvertierte, ist nicht ihre größere Geselligkeit, sondern ihre größere Reizempfindlichkeit für
alle möglichen (eingebildeten und tatsächlichen) Lust- und Belohnungsanreize jedweder Art.