IFG München
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Glücksforschung






Auszug aus der 14., aktualisierten Neuauflage unseres Buches, Januar 2017:

Hilfe bei behandlungsbedürftiger Schüchternheit und Sozialphobie

   Kennen Sie jemanden, der sich unwohl und beängstigt fühlt, wenn andere Leute um ihn herum sind, oder fühlen Sie sich selbst unwohl und beängstigt, wenn andere Leute um Sie herum sind? Vielleicht glauben Sie, dass Ihre Gefühle ein Teil von dem ist, wie Sie nun mal sind und Sie diesen Teil von Ihnen nicht für immer los werden können.
   Es ist nicht Ihre Schuld, dass Sie dieses schwere Handicap haben, und Sie müssen in Zukunft nicht weiter darunter leiden.
   Hier ist kostenlose, wirksame Hilfe zur Hand. Lesen Sie kurz diese Seite und sehen Sie nach, wie Sie sich selbst helfen können. Sie können sich in Zukunft ständig wohler fühlen und ein Angst freies, leichteres und glücklicheres Leben haben. Es gibt einen wissenschaftlichen Namen für Ihre Angst: Sie heißt Soziale Angststörung oder Sozialphobie. Obwohl sie Ihren täglichen Tagesablauf behindern und das ganze Leben verunstalten kann, wird sie häufig übersehen, wahrscheinlich deshalb, weil sie irrtümlich mit großer Schüchternheit abgetan wird.

Was ist Sozialphobie?

   Krankhafte Schüchternheit, Soziale Angststörung oder Sozialphobie ist eine ganz normale medizinisch behandelbare Angststörung wie andere Erbleiden auch, beispielsweise Fettleibigkeit, zu hoher Blutdruck, Depression oder Alterszuckerkrankheit (Diabetes 2). Deshalb kann sie genau so gut mit Tabletten, Psychotherapie oder Selbstbehandlung behandelt werden wie sie.
   Wer Menschen mit einer Sozialen Angststörung nur für sehr schüchterne Menschen hält, wird ihrem Handicap nicht gerecht. Sie ist eine normale Störung, die durch Furcht vor übermäßig starken Angstzuständen in fast allen zwischenmenschlichen Situationen gekennzeichnet ist. Wie schwer sie vorhanden ist, wird von Psychologischen Psychotherapeuten oder Fachärzten für Psychotherapie und Psychiatrie (Psychiater) und Forschern üblicherweise mit Hilfe der Liebowitz Social Anxiety Scale diagnostiziert.
   Sozial ängstliche Menschen fürchten sich nicht nur chronisch davor, von anderen Leuten beobachtet, abschlägig beurteilt oder erniedrigt zu werden, sondern fürchten auch, sich durch ihr eigenes Verhalten und Benehmen in Verlegenheit zu bringen und zu blamieren. Ihre soziale Angst kann so gar so behindernd sein, dass sie durch sie in ihrer Arbeit, Schule und Freizeit benachteiligt sind. Die meisten Menschen mit diesem Handicap wissen zwar, dass ihre Angst mit anderen Leuten zusammen sein zu müssen, übermäßig groß und unbegründet ist.
   Soziale Angst kann nur in bestimmten Situationen auftreten - wie zum Beispiel Angst vor einer Gruppe sprechen zu müssen, in Gegenwart anderer Leute essen, trinken oder telefonieren zu müssen, auf der Straße jemanden nach dem Weg fragen oder allein ein Restaurant betreten zu müssen - oder, in seiner schwerwiegendsten Form, so allumfassend sein, dass sozial ängstliche Menschen fast immer Angst-Symptome haben, wenn sie mit anderen Leuten zusammen sein müssen. Im Extremfall kann ihr Handicap in völliger Zurückgezogenheit, Abkapselung und Isolation enden, weil sie nicht mehr aus dem Haus und unter Menschen gehen können.
   Sozialphobie kann sehr behindernd sein. Sie kann Betroffene sogar davon abhalten sich eine Arbeit zu suchen, zur Arbeit oder in die Schule zu gehen. Vielen fällt es auch extrem schwer gute enge Freunde zu finden.
   Symptome wie Erröten, übermäßiges Schwitzen oder Zittern begleiten oft die soziale Angst, einschließlich zu leises Sprechen, Mundtrockenheit, Übelkeit, Ekelgefühle, Brechreiz und Magenbeschwerden. Diese äußerlich erkennbaren Anzeichen erhöhen oft zusätzlich ihre Angst vor befürchteten Missbilligungen. Schon allein ihre Furcht vor diesen körperlichen Anzeichen kann einen Teufelskreis bilden. Sozialphobie verläuft oft in der eigenen Familie und kann mit Depression, Panikattacken und anderen mentalen Störungen Hand in Hand gehen.

Welche anderen Leiden können mit Sozialer Angststörung einhergehen?

   Sozialphobie kann mit viel zu wenig angenehmen Gefühlen, Erlebnissen, chronisch schlechter Stimmung seit mindestens zwei Jahren (Dysphorie, "leichte" Depression), zu geringem Selbstwertgefühl, und mittel schwerer bis schwerer Depression (Selbstmordgefahr) einhergehen. Manche sozial ängstliche Menschen trinken zuviel Alkohol oder nehmen Drogen, die süchtig machen können. Einige können zusätzlich auch unter anderen medizinisch behandelbaren Angststörungen wie Panikattacken, Ess-, Brechsucht (Bulimie) oüder zwanghafter Wiederholungsstörung leiden.

Bin ich der Einzige mit dieser behandelbaren Angststörung?

   Nein. Das sind Sie nicht. Sie sind nicht allein. Jeder kann sie haben. Mehr als 3,7 % der Amerikaner im Alter zwischen 18 und 65 Jahren - ungefähr 5,3 Millionen Amerikaner - leiden jedes Jahr unter Sozialer Angststörung.
   Obwohl sie bei Frauen doppelt so häufig vorkommt wie bei Männern, suchen viel mehr Männer praktische Hilfe. Der Grund dafür ist ganz einfach der, dass sozial ängstlich zu sein für Männer - nicht aber für Frauen - unvereinbar mit ihrer Geschlechterrolle ist, die sie nun mal in unserer Gesellschaft zu spielen haben und der gängigen Vorstellung von einem "richtigen Mann" entspricht. Deshalb sind sozial ängstliche Männer - im Gegensatz zu Frauen - auch doppelt benachteiligt. Zusätzlich erhalten sie wenig bis gar kein Ansehen, Anerkennung und Hochachtung von ihren Gleichaltrigen, einen unteren Rang in ihrem Bekanntenkreis und zwar unabhängig davon wie viel Geld sie verdienen oder haben, was sie können oder ihren sportlichen, schulischen und beruflichen Leistungen. Mehr ...

Wann beginnt die Sozialphobie und wie lange hält sie an?

  • Das Erbleiden taucht in früher Kindheit oder zu Beginn der Pubertät im Alter von 10 bis 13 Jahren auf.
  • Ohne psychotherapeutischer oder ärztlicher Behandlung von einem Facharzt für Psychiatrie (Psychiater) kann sie viele Jahre, Jahrzehnte, ein Leben lang anhalten.

Was sind ihre Ursachen?

1. Ein im Laufe ihres Lebens stärker auf- und ausgebautes und zu heftig reagierendes Angst- und Schadensvermeidungssystem,
2. insbesondere eine kleine Gehirnregion, die Mandelkerne (Amygdalae) genannt wird. Die Mandelkerne spielen unter anderem die zentrale Rolle beim Aufbau unserer Reaktionen in stressigen Situationen,
3. zu wenig Serotonin in den Serotonin-Synapsen des Vorderhirns und
4. die kurze Variante des Gens für den Aufbau des Serotonin-Transporter-Eiweißes (5-HTTLPR- oder SerT-Gen).

  Im Juli 2002 brachte eine amerikanische Gen-Studie ans Licht, dass bei Menschen, welche die kurz/kurze oder lang/kurze Gen-Variante des SerT-Gens von ihren Eltern geerbt haben, ihr linker Mandelkern aktiver ist, wenn sie Angst verzerrte Gesichter betrachten, als bei Menschen, welche die lang/lange Gen-Variante geerbt haben.
"Die Auswirkungen unterschiedlich langer Gen-Varianten (kurz/kurz, kurz/lang oder lang/lang) auf das Reagieren der Mandelkerne auf Angst auslösende emotionale Reize könnten dazu dienen, einen Teil unserer Wesensart und gefühlsmäßigen Entwicklung zu formen", schlossen Ahmad Hariri und Daniel Weinberger vom NIMH, Clinical Brain Disorders Branch, ihre Studie im Heft Juli/2002 des renommierten Wissenschaftsmagazins Science magazine:

 


Quelle: Haririi, Ahmad R. und Holmes, Andrew: Genetics of emotional regulation: The role of the serotonin transporter in neural function, TRENDS in Cognitive Sciences, Heft April 2006, S. 182-193.

Was läuft im Gehirn von Menschen mit Sozialphobie anders ab?

    Die Gehirn anatomischen Ursachen der Sozialphobie sind Über-Reaktionen von Nervenzellen der Amygdala und gleichzeitig Unter-Reaktionen von Nervenzellen im Vorderhirn. Wenn ein sozialphobischer Mensch über etwas für ihn wahrscheinlich Furcht auslösendes nachdenkt - meinetwegen über eine kritische Bemerkung, seine Teilnahme an einer Party oder einem Betriebsausflug -, "feuert" seine Amygdala Angstsignale, woraufhin sein Vorderhirn denkt: "Ich sollte nicht nervös sein. Das sind doch auch nur ganz normale Leute wie ich. Wo soll denn da überhaupt das Problem sein?" Aber, weil seine Amygdala überaktiv und sein Vorderhirn unteraktiv Signale "feuern", gewinnt immer die Amygdala. Menschen mit einer Sozialen Angststörung erhalten mehr Signale von der Amygdala und weniger Rückmeldungen vom Vorderhirn, so dass sie ohne therapeutische oder fachärztliche Hilfe die stärkeren Angstsignale ihrer Amygdala nicht in den Griff bekommen können:

https://www.nimh.nih.gov/images/news-items/social-phobia_35683_2.jpg
Blair, K. et. al., American Journal of Psychiatry, 2008, Sept. 165(9), S.1193-1202.
Linke Amygdala (links) und mittleres Vorderhirn (rechts)


Copyright 2010 by Neuropsychopharmacology, Lisa Shin

Wie kann ich mir selbst helfen?

    Drucken Sie sich diese Seite auf Ihrem Drucker aus. Nehmen Sie sie, damit Sie das weltweit beste, weil hieb- und stichfeste Wissen in der Hand haben und gehen Sie damit zu Ihrem Hausarzt. Die Seite hilft Ihnen, ihr Anliegen besser erklären zu können.
    Sprechen Sie mit ihm über Ihre Sorgen und Ängste. Er kann Ihnen ein Arzneimittel verschreiben, damit Sie sich weniger ängstlich fühlen. Es kann allerdings bis zu sechs Wochen dauern, bis seine Wirkung anschlägt.
    Fragen Sie Ihren Hausarzt auch, ob er bereits anderen Menschen mit Sozialphobie geholfen hat. Falls nicht, fragen Sie ihn nach dem Namen eines erfahrenen Facharztes für Psychotherapie und Psychiatrie (Psychiater), der Erfahrung darin hat. Mit einem erfahrenen Facharzt darüber sprechen zu können hilft vielen Menschen. Die nicht medikamentöse Behandlungsmethode heißt Therapie. Sie hilft, sich in praktisch allen zwischenmenschlichen Alltagssituationen wohler fühlen zu können.
    Das Zweitbeste für eine vorläufige Selbsthilfe, das wir Ihnen voll und ganz empfehlen können, ist FREI VON ANGST UND SCHÜCHTERNHEIT (Taschenbuch, Verlag Belz, 7. Neuauflage, Januar 2011, 14,95 Euro) von Barbara und Gregory Markway zu lesen. Ihre gute Nachricht ist: Behandlungsbedürftige Schüchternheit und Sozialphobie lassen sich heutzutage erfolgreich behandeln. Falls Sie FREI VON ANGST UND SCHÜCHTERNHEIT bestellen wollen, können Sie einfach hier klicken, und Sie werden sofort mit amazon.de verbunden.
   Das Beste, was wir Ihnen für eine vorläufige Selbsthilfe voll und ganz empfehlen können, finden Sie gleich hier unten unter "Was hilft?", Punkt 4.






Was hilft?

    Viele Forschungsergebnisse des US National Institutes of Mental Health, der international anerkannt höchsten Autorität für die Behandlung mentaler Störungen, haben wiederholt bewiesen, dass 4 (Selbst-) Behandlungsmethoden erfolgreich sind:

  • Bestimmte Medikamente,
  • eine besondere Form der Kurzzeit-Therapie, die Kognitive (gedankliche Erkenntnis-) Verhaltenstherapie (KVT) genannt wird,
  • Internet-basierte Kognitive Verhaltenstherapie (IKVT) mit psychotherapeutischer Begleitung unter Leitung eines Psychotherapeuten (Wirkstärken gemessen mit dem Beck Anxiety Inventory: vorher 20,5, nachher 8,0 Punkte, Cohens d = 2,15, Children's Automatic Thoughts Scale: vorher 46,3, nachher 21,5 Punkte, Cohens d = 1,15, Montgomery-Asberg Depression Rating Scale-Self-rated: vorher 16,8, nachher 8,5 Punkte, Cohens d = 1,51 (Silvernagel, 2015; Botella, 2010; Hedman, 2011; Andrews, 2011; Munsson, 2013; Meta-Analyse Andersson, 2014; Tulbure, 2015).
  • Zwei kanadische Glücksforscherinnen fanden 2013 und 2015 heraus, dass vier Wochen lang regelmäßig an 2 Tagen pro Woche bestimmte Taten für Familienangehörige, Freunde oder Fremde zu tun, die angenehmen Stimmungen derjenigen vermehrt, ihre unangenehmen Stimmungen verringert, sie zufriedener mit ihren zwischenmenschlichen Beziehungen macht und das Vermeiden ihrer zwischenmenschlichen Kontakte vermindert, die unter behandlungsbedürftiger Schüchternheit oder Sozialer Angststörung (Sozialphobie) leiden. Vier Wochen lang regelmäßig an 2 Tagen pro Woche bestimmte Taten für Fremde, Freunde oder Familienangehörige zu tun, kann das Wohlbefinden sehr sozial ängstlicher Menschen durch die Vermehrung ihrer angenehmen Stimmungen, Linderung ihrer unangenehmen Stimmungen, mehr Zufriedenheit mit ihren zwischenmenschlichen Beziehungen und Verringerung ihrer Vermeidungsziele, -wünsche und -absichten, ihr allseits bekanntes Vermeidungsverhalten und ihre zwischenmenschlichen Kontakte schon in der ersten Woche verbessern: "Alles funktioniert gut. Im Endergebnis waren die Betroffenen besserer Stimmung, weil sie stolz auf sich sein konnten." Schließlich hatten sie ja auch etwas allgemein anerkannt Gutes für einen anderen Menschen getan und schon allein das fühlt sich gut an, aber "am wirksamsten wirken die Taten, wenn man sie aus sich heraus freiwillig tut, unabhängig von der guten Meinung der anderen Leute."
       Die zweite kanadische Glücksforscherin hat 2015 mit derselben unser Wohlbefinden steigernden Maßnahme ihre Wirksamkeit wiederholt, überprüft und bestätigt. Nach vier Wochen fühlten sich ihre an der Maßnahme teilnehmenden sozial sehr ängstlichen 38 Studenten wohler und behaglicher in ihren zwischenmenschlichen Alltagssituationen, als die sehr sozial ängstlichen 36 Studenten in der Vergleichsgruppe, die an 2 Tagen pro Woche drei tägliche Erlebnisse in ihrem Tagebuch festhalten mussten. Die Ergreifung und konsequente Durchführung dieser ihr Wohlbefinden steigernden Maßnahme half ihnen dabei, mit ihren Sorgen über ihre altbekannt befürchteten Ablehnungen oder Zurückweisungen und momentan sozialen Angstzuständen besser umgehen und leichter fertig werden zu können. "Regelmäßig die Taten zu tun wirkte ihren momentanen sozialen Angstzuständen entgegen und durchkreuzte ihre altbekannt unangenehmen Erwartungen dadurch, dass sie mehr angenehme Erwartungen und Erlebnisse bei ihren Unterhaltungen unterstützten und förderten. Vier Wochen lang an 2 Tagen pro Woche dies zu tun half ihnen von Beginn an, schon in der ersten Woche ihre momentanen sozialen Angstzustände zu lindern und machte es dadurch für sie wahrscheinlicher, ihre gewohnt unangenehmen Befürchtungen zu durchkreuzen, mehr angenehme Unterhaltungen zu erleben und unwahrscheinlicher Kontakte von vornherein lieber zu vermeiden.", denn gewohntes Verhalten ist zwar gut, aber zu viel davon ist schädlicher Stillstand.
       Weil die evidenzbasiert unser Wohlbefinden steigernde Maßnahme die Symptome der Sozialen Angststörung schon in der ersten Woche um Cohens d = 0,51 lindert, wirkt sie genauso gut, aber schneller, als die von Psychotherapeuten meist angewandte Behandlung mit fortschreitender Expositions-, Konfrontations- oder Aussetzungstherapie.
       Die Maßnahme kann zuerst und vor allem von Selbsthilfe suchenden Lesern wesentlich leichter ergriffen werden und sie fühlen sich während ihrer konsequenten Durchführung weitaus wohler, als bei einer Pychotherapie mit einem Psychotherapeuten.Trotzdem wirkt die evidenzbasiert unser Wohlbefinden steigernde Maßnahme aber schneller und genauso gut wie eine Psychotherapie (Alden, 2013; Trew, 2015). Mehr ...
  •    Wirksame Arzneimittel gegen Sozialphobie sind die so genannten selektiven Serotonin-Wiederaufnahmehemmer (SSRI). Einigen Menschen mit einer speziellen Form der sozialen Angst, die Prüfungsangst genannt wird, konnte auch mit so genannten Beta-Blockern geholfen werden. Beta-Blocker werden in der Regel zur Regulierung eines zu hohen Blutdrucks verschrieben. Sie senken den Blutdruck und verlangsamen den Herzschlag. Vor allem dämpfen sie den ungünstigen Einfluss der Stresshormone auf das Herz.

       Die Kognitive Verhaltenstherapie ist ebenfalls sehr erfolgreich. Ihr Kern ist eine Konfrontationstherapie, also die systematische schrittweise Aussetzung an soziale Alltagssituationen und Desensibilisierung. Sie hilft Betroffene sich schrittweise an sie ängstigende Situationen zu gewöhnen. Gewöhnlich verläuft eine Kurzzeit-Konfrontationstherapie in den folgenden 3 Abschnitten ab:

    • Der erste Abschnitt führt in die befürchteten Situationen ein.
    • Der zweite Abschnitt besteht darin, das Risiko für Missbilligungen in diesen Situationen zu erhöhen, damit der Klient Vertrauen aufbauen und dadurch mit seiner befürchteten Kritik, Missbilligung oder Ablehnung besser fertig werden kann.
    • Der dritte Abschnitt besteht darin, dem Klienten Techniken beizubringen, um mit seinen Ängsten in Zukunft besser fertig werden zu können. In diesem abschließenden Abschnitt stellt sich der Klient seine schlimmsten Ängste vor und wird dabei ermutigt, konstruktive Antworten und Reaktionen auf seine Angst, empfundenen Missbilligungen und Ablehnungen zu entwickeln.
      Eine Kognitive Verhaltenstherapie gegen soziale Angst enthält oft auch ein Entspannungs- und Angst-Management-Training - zum Beispiel Techniken wie tiefes Atmen, um das Ausmaß der Angst kontrollieren zu können. Ein anderer, wichtiger Punkt der Behandlung wird Gedankliche Neu- und Umstrukturierung genannt. Dabei wird der Inhalt befürchteter Situationen vollkommen neu bewertet und umgedeutet. Diese Technik dient dazu, ihnen zu helfen ihre Fehlurteile herauszufinden und realistischere Erwartungen einer drohenden Gefahr in  problematischen Situationen zu entwickeln. Manchmal hilft Menschen mit sozialer Angstsötrung auch ein so genanntes Training der sozialen Fähigkeiten.

    Was hilft mir am besten? Welche (Selbst-) Behandlungsmethode soll ich auswählen?

       Das wusste bis 2013 kein Mensch. Die Hälfte der sozial ängstlichen Menschen, die professionelle Hilfe in Anspruch nehmen, sprechen zufriedenstellend auf die von ihnen gewählte Behandlung an. Wir hatten aber bis 2013 fast keine Beweise dafür, welcher Patient von einer bestimmten Behandlung am meisten profitieren würde. Es gab keine stichhaltigen Begründungen dafür, dass einem bestimmten Patienten eine bestimmte Art der Behandlung zu empfehlen und zu verschreiben sei. Welche Behandlung einem Patienten empfohlen wurde, hing davon ab, wen die Ärzte sahen und was sie glaubten. Kein Mensch hatte hieb- und stichfeste objektive Neuromarker.  Dr. John Gabrieli und seine Kollegen vom Massachusetts Institute of Technology (MIT) haben aber 2013 mit Hilfe der funktionellen Magnetresonanz-Tomografie (fMRT) zum ersten Mal bewiesen, welche sozial ängstlichen Menschen am besten auf eine 12-wöchige Kognitive Verhaltenstherapie ansprechen werden und welche nicht:






    Doehrmann, Oliver u. a.: Predicting Treatment Response in Social Anxiety Disorder from Functional
    Magnetic Resonance Imaging, JAMA Psychiatry, Heft Januar 2013, S. 87-97.

       International renommierte Fachleute vom National Institute of Mental Health empfehlen für die Behandlung einer Sozialen Angststörung eine:

    Kombination aus medikamentöser Behandlung + Kognitiver Verhaltenstherapie

       Eine Psychoanalyse bei einem Psychoanalytiker halten sie für sinnlos, da ihr die falschen Annahmen zu Grunde liegen, dass ein frühkindlicher Konflikt die Ursache ihres Leids sei ("Sie haben ein Problem? Nun da hätte ich noch eins für Sie: Frühe Kindheit und so ...") Auch von Yoga, Hypnose, meditieren oder dem häufig empfohlenen autogenen Training halten sie nicht viel. Auf die laue Tour ist der Sozialen Angststörung nicht beizukommen.

    Wirksame Medikamente

         Wirksam gegen Sozialphobie ist ein ähnlicher Serotonin-Wiederaufnahmehemmer wie Fluctin®, wie eine amerikanische Studie mit 128 Kindern bestätigt hat, die Fluvoxamin erhalten haben. Fluvoxamin linderte die soziale Angst bei Kindern und Jugendlichen. In dieser Studie sprachen 76 Prozent(!) der Kinder und Jugendlichen auf die medikamentöse Behandlung mit Fluvoxamin an. Sozialphobie ist die am häufigsten vorkommende mentale Störung bei Kindern, die meistens nicht erkannt und behandelt wird.
        Fluvoxamin sei insgesamt gut vertragen worden, berichten Daniel Pine und sein Team vom US National Insitute of Mental Health in Bethesda, Maryland, im New England Journal of Medicine, 2001, Seite 1279 ff. In ihrer Studie erhielten 128 Kinder und Jugendliche mit Angststörungen im Alter zwischen 6 und 17 Jahren acht Wochen lang Fluvoxamin täglich oder ein wirkstoffloses Scheinmedikament (Placebo, Mehl-Zuckerpille). Eine mindestens dreiwöchige psychotherapeutische Behandlung war vorher erfolglos geblieben.
         Nach acht Wochen Fluvoxamin-Einnahme hatten sich dagegen die Angstsymptome - gemessen mit der Pediatric Anxiety Rating Scale (PARS) - im Vergleich zur Placebo-Gruppe deutlich verringert. Die PARS besteht aus einer Skala mit 25 Punkten. Je höher die Punktzahl, desto ernsthafter ist die Angststörung. In der Fluvoxamin Gruppe hatte die Punktzahl im Durchschnitt um 9,7 Punkte abgenommen, in der Placebo-Gruppe um 3,1 Punkte. 76 Prozent der Kinder in der Fluvoxamin Gruppe hatten auf den Wirkstoff der Pille positiv angesprochen. Mit dem wirkstofflosen Scheinmedikament hatten sich erwartungsgemäß rund 30 Prozent verbessert. Fluvoxamin wird in Deutschland unter dem Handelsnamen Fevarin® verschreibungspflichtig in Apotheken angeboten.

    Paroxetin® (Paxil®/Seroxat) lindert die Angstanfälle der Sozialphobie

       "Wer Patienten mit Sozialphobie nur für sehr schüchterne Menschen hält, wird der Sötrung nicht gerecht", betonte Dr. James Ballenger aus Charleston, South Carolina, 1999 auf dem Welt Psychiatrie Kongress. Obwohl sie häufig sei, werde sie selten erkannt und behandelt. Dabei gibt es wirksame Arzneimittel wie Paroxetin®, das in Deutschland auch für die Indikation von Sozialphobie zugelassen ist.
        Der Serotonin-Wiederaufnahmehemmer wurde in drei großen Studien bei insgesamt über 800 Patienten mit Sozialphobie geprüft. Der Wirkstoff habe sich als sehr effektiv und gut verträglich erwiesen. Etwa zwei Drittel der Patienten hätten auf die 12-wöchige Behandlung mit Paroxetin® (Seroxat®) angesprochen, ungef¨hr doppelt so viele wie in der Placebo-Gruppe. Die Sozialangst-Symptome seien mit mehreren Skalen gemessen worden, die Angstsymptome, Vermeidungsverhalten, Verbesserungen in der Schwere der mentalen Störung und Einbußen im Arbeits-, Sozial- und Familienleben erfassen.
        Die Auswertung habe in allen drei Studien ergeben, dass sich Angstsymptome und Vermeidungsverhalten bei den mit Paroxetin® behandelten Patienten bedeutsam verringerten und ihre Lebensqualität im Vergleich zur Placebo-Gruppe deutlich verbessert wurde. Sie trauten sich wieder mehr zu, gewannen eine bessere Lebensqualität und hatten ihre Angst im Griff, statt ihre Ängste sie.
        Die antidepressive Wirkung von Paroxetin® könne sich zusätzlich positiv auswirken. Denn etwa jeder Dritte der Betroffenen litt auch unter einer Depression.
        Es ist wichtig die Klienten ernst zu nehmen. Sie leiden stark unter ihrer sozialen Angst, beobachtet oder negativ beurteilt zu werden und ziehen sich immer mehr zurück. Etwa 24 Prozent versuchten mindestens einmal im Leben sich selbst umzubringen.

    Krankhafte Schüchternheit oder Sozialphobien werden von den Hausärzten oft noch nicht ernst genug genommen.

          Darauf hat David Nutt von der University Bristol bei einem Symposium während des XXI. CINP-Kongresses aufmerksam gemacht. Studien belegen, dass Sozialphobien - je nach den Diagnose-Kriterien - eine Lebenszeitwahrscheinlichkeit von 2 oder 3, bis zu 13 oder sogar 16 Prozent haben. Sie treten meist schon sehr früh in der Kindheit auf. Er hat in Untersuchungen der Hirnfunktion bei Patienten mit Sozialer Angststörung Veränderungen in der Funktion des Botenstoffs Serotonin festgestellt. Durch Medikamente, die den Serotoninspiegel erhöhen, lasse sich die Angst Betroffener vermindern.
         Das Zusammentreffen mit anderen mentalen Störungen ist hoch. Meist geht soziale Angst dabei der anderen Störung voraus. So haben ein Drittel der Betroffenen gleichzeitig Depression. Der Anteil von Alkohol- und anderen Suchtkranken ist zwei- bis dreimal höher, als in der allgemeinen Bevölkerung.
        Selektive Serotonin-Wiederaufnahmehemmer gelten heute als Arzneimittel der ersten Wahl. "Wichtig ist vor allem, dass die Betroffenen vom Arzt ernst genommen werden. Das schlimmste, was ein Arzt tun kann, ist zu lachen und zu sagen ,Sie sind einfach nur schüchtern!'"
         Paroxetin® ist bislang als einziger SSRI in großen klinischen Studien bei dieser Indikation mit Erfolg getestet worden. Sowohl in einer US-amerikanischen, als auch in einer europäischen Multi-Zentren-Studie mit 187 und 290 Patienten hat es sich als wirksamer als Placebo erwiesen, wie Bruce Lydiard von der University of South Carolina in Charlston berichtet hat. Nach zwölf Wochen hatte sich unter Paroxetin® bei zwei Drittel der Betroffenen die klinische Symptomatik gebessert, unter Placebo nur bei etwa einem Drittel.
         Fachleute empfehlen für die Praxis, mit Paroxetin® niedrig dosiert zu beginnen, und wenn nötig, nach zwei bis vier Wochen die Dosis zu erhöhen. Wirkt die medikamentöse Behandlung nach sechs Wochen nicht, sollte das Medikament gewechselt werden. Auch eine psychotherapeutische Behandlung kann Erfolg versprechend sein. Spricht ein Betroffener auf Paroxetin® an, sollte die Behandlung mindestens zwölf Monate fortgesetzt werden. Bei plötzlichem Absetzen ist das Rückfallrisiko relativ hoch, kann aber möglicherweise durch eine begleitende Kognitive Verhaltenstherapie verringert werden.

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    National Institute of Mental Health, Bethesda, Maryland, USA

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Glücksforschung und Glückswissenschaft Band I - Wie man wirklich glücklicher wird
 
Glücksforschung und Glückswissenschaft Band II - Hirnforschung, Neurobiologie, DNS und unsere happy Gene

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