Glücksforschung


Glückliche Menschen leben länger

   Glückliche Menschen mit vielen angenehmen Gefühlen, einschließlich Optimismus, haben nicht nur ihr Leben lang ein schöneres Leben, sondern leben auch noch 7½ bis 10 Jahre länger, als unglückliche. Neun in Deutschland weitgehend unbekannte Forschungsergebnisse aus Holland und den USA:
   Ein glücklicher Mensch kann mit mehr Lebensjahren rechnen als ein unglücklicher. Das ist das Ergebnis der ältesten, landesweit durchgeführten Langzeitstudie in Holland mit mehr als 3.000 älteren (60 Jahre plus) Teilnehmern. Das Studienergebnis beruht auf den ursprünglichen Daten einer Umfrage aus den Jahren 1955 bis 1957. 1983 wurden alle Daten und der Sterbezeitpunkt für 83 Prozent der ursprünglichen Teilnehmer überprüft. Dabei wurden körperliche, mentale und soziale Eigenschaften in Bezug zur Überlebenszeit seit 1955/57 gesetzt.
   Ergebnis: Im Alter von 60 Jahren zufrieden zu sein, erklärte bis acht Prozent des Unterschieds in der Langlebigkeit der Teilnehmer. Zufriedenheit verlängert das Leben.
   Der Zusammenhang zwischen Glück, Gesundheit und Lebenserwartung ist von der Glücksforschung wiederholt untersucht worden. Ed Diener und seine Kollegin haben 2011 die bisherigen Ergebnissen in einem Überblickartikel zusammengefasst. ,Glück' wird auf unterschiedliche Weise festgestellt, insbesondere anhand der Zufriedenheit mit dem Leben und flüchtiger angenehmer Gefühle wie erlebter Freude und unangenehmer Gefühle wie Trauer oder Angstgefühle (Fredrickson, 2000; Ostir, 2001, 2008; Kiecolt-Glaser, 2002, 2005; Cohen, 2003, 2006; 2004; Davidson, 2004; Suls, 2005; Rozanski, 2005; Pressman, 2005; Lyubomirsky, 2005; Steptoe, 2005, 2009; Marsland, 2006, 2007, 2008; Strand, 2006; Howell 2007, 2010; Moskowitz, 2008; Chang, 2008; Tang, 2008; Master, 2009; Fasman, 2009; Robles, 2009; Segerstrom, 2010).
   Wie kann man den Einfluss des Glücks auf die Lebenserwartung empirisch beweisen?
   Möglichst viele Menschen werden über möglichst viele Jahre beobachtet und es wird untersucht, ob die glücklicheren unter ihnen tatsächlich länger leben. Berühmt geworden ist die unter Fachleuten so genannte „Nonnenstudie“. Bei ihrem Eintritt ins Kloster mussten mehr als 600 junge amerikanische Novizinnen einen ausführlichen Lebenslauf schreiben, der unter anderem auch Angaben über ihre erlebten, angenehmen und unangenehmen Gefühle und Stimmungen enthielt. Viele Jahrzehnte später kam bei der Inhaltsanalyse ihrer angenehmen und unangenehmen Gefühlen in ihren Lebensläufen und Vergleich mit ihren Sterbedaten heraus, dass diejenigen mindestens 75 Jahre alten Schulschwestern, die sich in ihren 30er Jahren als am glücklichsten beschrieben (In der folgenden Grafik: Quartil 4), 10 Jahre länger lebten als diejenigen Schulschwestern, die sich in ihren 30er Jahren als unglücklicher oder am unglücklichsten (Quartile 1, 2 und 3) beschrieben:


Erklärung: Age = Alter; Probability of Survival = Überlebenswahrscheinlichkeit von 0,0 bis 1,0

   Weil Nonnen unter den gleichen Lebensbedingungen leben, sind sie für die Erforschung des Zusammenhangs zwischen Glück und Langlebigkeit besonders gut geeignet (Rozanski, 1999; Koivumaa-Honkanen, 2000; Danner, 2001; Carroll, 2002; Giltay, 2004; Epel, 2004; Segerstrom, 2001, 2004, 2005; Ozer, 2006; Lung, 2007; Chida, 2008; Damjanovic, 2007; Givens, 2009; Tyrka, 2010; Friedman, 2005, 2010; Xu, 2005, 2010; Koopmans, 2010; Oishi, 2010; Holt-Lunstad, Meta-Analyse von 143 Studienergebnissen, 2010).
   Die folgende Grafik zeigt ebenfalls den Verlauf der Überlebendenrate (100 Prozent = Zeitpunkt 0, in Prozent und 2-Jahres-Schritten) in einer 15-jährigen holländischen Langzeitstudie mit 861 Erwachsenen im Alter zwischen 65 und 85 Jahren zum Zeitpunkt 0 (Koopmans, 2010):


Erklärung: Follow-up, y = Folgejahre; % of Participants Who Were Free of Death =
Prozentueller Anteil der Teilnehmer, die noch am Leben waren.

   In seiner Meta-Analyse konnte der holländische Glücksforscher Ruut Veenhoven 2008 den Lebensverlängerungseffekt für alle gesunden Menschen bestätigen. Er verglich die Wirkstärke des Glücks auf die Lebenserwartung mit der von Rauchen oder Nichtrauchen auf die Lebenserwartung und kommt zu dem Schluss: „Glückliche Menschen leben sieben bis zehn Jahre länger als unglückliche; sie gewinnen ebenso viele Lebensjahre wie Nichtraucher im Vergleich zu Rauchern.“

   Man kann feststellen, wie Naturkatastrophen, Überschwemmungen oder Hurrikane das Glücksempfinden und als Ergebnis davon die Gesundheit beeinflussen. Am Tage nach dem Erdbeben in Los Angeles 1994 war die Sterberate fünfmal so hoch wie in den Wochen davor.

   Schließlich kann der Einfluss persönlicher Schicksalsschläge wie der Verlust des Ehegatten, auf die Gesundheit analysiert werden. Eine Studie hat beispielsweise herausgefunden, dass die Sterberate von Männern, die ihre Frauen verlieren, im ersten Monat der Trauer doppelt so hoch ist wie normal. Bei Frauen, deren Ehemann starb, ist die entsprechende Sterberate sogar dreimal so hoch wie normal.


   Kurz und bündig: Glück ist nicht nur ein von fast allen Menschen zu allen Zeiten erstrebter Gemütszustand. Vielmehr tragen eine hohe Lebenszufriedenheit und viele angenehme Emotionen, Gefühle oder Stimmungen wesentlich zu einer besseren Gesundheit und einem gesunden längeren Leben bei.

Ich will genauer darüber Bescheid wissen ...


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