Klein Albert Einstein


Glücksforschung und Glückswissenschaft Band I - Wie man wirklich glücklicher wird

Glücksforschung und Glückswissenschaft Band II - Hirnforschung, Neurobiologie, DNS und unsere happy Gene

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Glücksforschung und Positive Psychologie


Leseprobe aus unserem Band I:

Wie viel Geld man verdient oder hat spielt eine Rolle

„Was hat glücklich sein mit Geld zu tun?" Um mal gleich die Katze aus dem Sack zu lassen: Das kommt ganz darauf an, wie viel man davon hat. Und zwar um so mehr, je weniger man davon hat und um so weniger, je mehr man davon hat. Zwar besteht ein riesengroßer Unterschied zwischen dem, ob man kein oder genug Geld hat, aber weniger Unterschied zwischen dem, ob man „genug“ oder „sehr viel“ Geld hat.
   Wie jeder weiß, bleibt für den, der im blanken Elend lebt und bei dem sich alles ums nackte Überleben dreht, wenig Platz und Zeit zum Glücklichsein. Wer hungert, dürstet, friert, Angst vor dem Morgen und kein Dach über dem Kopf hat, kann zwar hie und da Glücksgefühle haben aber schwerlich glücklich sein. Deshalb ist auch der Nutzen des Geldes zur Steigerung des“ Glücks und Wohlbefindens für die Ärmsten und Armen am größten, flacht aber mit zunehmenden Einkommen ab:


0 > > > > > > > > Steigendes Einkommen > > > > > > > > > > > >
Copyright © by Ronald Inglehart und Hans-Dieter Klingenmann, The MIT Press, 2000

   Um die eingangs gestellte, uralte Frage: „Was hat glücklich sein mit Geld zu tun?“ aber bestmöglich beantworten zu können, geht die internationale Glücksforschung seit mehr als 35 Jahren regelmäßig von drei unterschiedlichen Forschungsansätzen aus:

Ronald Inglehart, Universität Michigan     Beim ersten Forschungsansatz1),2) führen Glücksökonomen, -soziologen und -forscher internationale Glücksvergleiche zwischen Ländern durch. Tatsächlich liegen die Bürger der reichen Länder bei allen internationalen Glücksvergleichen stets in der oberen Gruppe und die Einwohner der armen Länder stets in der unteren. So bezeichneten sich beispielsweise in einer EU-Umfrage nur 10 Prozent der Portugiesen als „sehr glücklich“, aber 40 Prozent der Holländer und zwischen 40 und 50 Prozent der Dänen. Diese liegen zusammen mit den Isländern und den skandinavischen Ländern Schweden, Finnland und Norwegen, der Schweiz, USA und anderen reichen Ländern, darunter auch Deutschland, stets in der oberen Gruppe aller Glücksvergleiche, während arme Schlucker wie Bulgaren, Griechen, Portugiesen, Tschechen, Inder und insbesondere die Russen und alle Ex-Kommi-Länder stets die Schlusslichter im der unteren Gruppe bilden. Griechenland und Portugal sind, nur nebenbei bemerkt, die ärmsten EU-Länder:


Copyright © by Inglehart, Ronald und Klingenmann, Hans-Dieter, The MIT Press, 2000

    Die wohlhabenden Japaner schneiden allerdings trotz ihres beachtlichen Wohlstands stets schlechter ab, als die Bürger der kulturell westlich orientierten Industrieländer. Die Japaner sind - trotz ihres beachtlichen Wohlstands - seit Jahrzehnten stets weniger glücklich als die Bürger westlicher Kulturen und Wertesysteme. Das liegt vor allem an ihrer kollektivistischen Kultur, in deren Mittelpunkt das Wohlergehen der Gemeinschaft steht und die vor allem Harmonie und Pflichterfüllung gegenüber der Gruppe und Gesellschaft verlangt und weniger Wahlfreiheiten und -möglichkeiten, wie man sein eigenes Leben gestalten will, zur Befriedigung der individuellen Wünsche und Bedürfnisse zulässt.
     Ganz allgemein gilt, dass Menschen in kollektivistischen, das heißt das Gemeinwohl betonender Kulturen, wie die japanische, stets weniger glücklich sind als Menschen, die in westlich orientierten, individualistischen, das heißt die Individualität des Einzelnen berücksichtigenden, Kulturen leben, in denen das Wohlergehen des Einzelnen im Mittelpunkt steht und das Erleben, Äußern und der Ausdruck von angenehmen Gefühlen erwartet, unterstützt ..., ja geradezu gefordert wird.
   Das hohe Einkommen allein kann es also nicht sein und ist es auch nicht, dass die Bürger der reichen Länder glücklicher macht. Denn, obwohl sich beispielsweise das inflationsbereinigte Netto-Durchschnittseinkommen in den USA in den letzten 50 Jahre mehr als verdreifacht hat, nahm das Glück der Amerikaner keinen Deut zu, sondern blieb trotz des verdreifachten Wohlstands unverändert hoch. Ähnliche Ergebnisse haben wir auch aus Frankreich, Deutschland und Japan.
    Beim zweiten Forschungsansatz führen Glücksforscher Glücksvergleiche über mehrere Jahre innerhalb eines Landes, zwischen seinen Bürgern durch. Vielleicht meinen Sie, mein verehrter Leser, ein höheres Einkommen mache glücklicher und deshalb sei Reichtum das einzig wahre Endziel? Mitnichten mein Freund, mitnichten. Zunächst einmal: Geld ist ein Tauschmittel und ein Mittel zum Zweck (und kein Endziel) und somit nicht alles (Gewöhnlich reicht es leider nicht aus.)
   Zwar weiß ein altes deutsches Sprichwort, dass Geld nicht glücklich macht, aber an das Treibmittel „Money, money, money.“ klammern sich unzählige Sehnsüchte, und hartnäckig hält sich der Glaube, die Reichen müssten eigentlich glücklicher sein als wir. Das sind sie zwar, aber nicht alle.
    Die Wechselwirkung zwischen Reichtum und Glück ist nach Meinung des Oxford-Professors Michael Argyle „erstaunlich gering.“ Einkommen und Vermögen haben einen überraschend schwachen, - praktisch bedeutungslosen - Einfluss auf unser Glück und Wohlbefinden, der nicht der Rede wert ist.
    Mehr zu verdienen ist auch deshalb für unser Glück und Wohlbefinden nicht erforderlich, weil es mit steigendem Einkommen kaum zunimmt. Zwar sind Euro, Schweizer Franken oder Dollar exakt feststellbare objektive Größen, können aber für jeden Menschen etwas ganz anderes bedeuten, je nachdem, wie sie empfunden werden, was ihm fehlt, wer sie verdient, und wie sie ausgegeben werden.
    In der Tat. Es kommt auf die von Mensch zu Mensch individuell unterschiedlichen Beurteilungen des Einkommens an. Jede Bewertung und Beurteilung liegt aber in den Augen des Betrachters. „Viele Menschen stören ihr eigenes Wohlbefinden mit falschen Erwartungen. Sie wollen nicht nur glücklich sein, sondern am besten noch ein bisschen glücklicher als die, die sie kennen und mit denen sie sich vergleichen. Und das ist deshalb so schwierig, weil sie die anderen normalerweise für glücklicher halten, als sie es tatsächlich sind.“ Die Schulfreundin, die eine tolle Karriere gemacht hat, die Super-Modells in den Frauenzeitschriften, der Bruder, der Onkel, die Schwester, die Cousine, die Kollegin mit dem gut aussehenden Mann, den lieben und erfolgreichen Kindern und der riesigen Wohnung, Haus, Wochenendhaus, Boot und der Mitgliedschaft im Tennis oder gar Golf Club -, die müssen ja wohl glücklicher sein, oder? Müssen sie überhaupt nicht. Wer so denkt unterliegt einem Trugschluss und stellt eine Milchmädchen-Rechnung auf, wenn er von den altbekannten, falschen Vorstellungen ausgeht und von den eben genannten Tatsachen auf ihr Glück und Wohlbefinden schließt.
    Sauberes Wasser, Nahrung, Wohnung, Kleidung und Sicherheit sind die Grundlagen des materiellen Wohlbefindens. Sobald diese Grundbedürfnisse aber einmal befriedigt sind, zählt zunehmender Wohlstand erstaunlich wenig. Auch bei Lotto-Millionären pegelte sich ihr Glücksniveau bald wieder auf seinem Normalniveau ein. Nachdem es anfangs raketenartig in die Höhe schoss, sank es - der schier unbegrenzten menschlichen Anpassungsfähigkeit und Gewöhnung an die neuen Lebensumstände entsprechend - spätestens nach einem halben Jahr wieder auf das Normal-Niveau herab.
      Auch hier gilt das sattsam bekannte Sättigungsgesetz: Andauerndes Vergnügen verliert seinen Reiz. Außerdem beurteilen wir uns als „arm oder reich" immer im Vergleich mit anderen. Mit größerem Reichtum verkehren wir aber in anderen Kreisen mit neuen Bekannten, und in ihnen sind (leider wieder) einige Leute, die reicher sind als wir. Und wir sind plötzlich wieder „arm".
     Der Besitz besitzt. Er macht uns kaum unabhängiger und glücklicher. Jeder Gegenstand, den wir haben, wirkt und - so unglaublich es klingen mag - macht seine eigenen Ansprüche geltend. Je mehr Gegenstände wir haben, desto mehr Ansprüche müssen wir befriedigen. Sie dienen nicht nur uns, sondern auch wir müssen ihnen dienen. Und wir sind oft mehr ihre Diener, als sie die unseren. Glücklich wird nicht der, der sich ständig neue Luxusgegenstände kaufen kann, an denen er schnell wieder seine Freude verliert, sondern der, der sich klar macht, dass er längst hat, was ihn glücklich machen kann. Wer sich klar macht, was er schon hat, statt immer neuen Verlockungen hinterher zu jagen, hat von vornherein schon augenblicklich ein höheres Glücksniveau.
      In der High Society der USA stuften 100 Multi-Millionäre (Forbes-Liste, jeder mindestens 125 Millionen Dollar schwer) ihr Wohlbefinden nicht bemerkenswert besser ein, als 100 zufällig aus dem Telefonbuch ausgewählter Durchschnitts-Amerikaner. „Happy" fühlten sich 67 Prozent der Super-Reichen und 62 Prozent der Durchschnitts-Amerikaner. Die Amerikaner Angus Campbell und seine Kollegen kamen im Rahmen ihrer - als klassisch bezeichneten - Studie „The Quality of American Life“ schon 1976 zum selben Schluss: „Die finanzielle Situation eines Menschen gehört zu den unbedeutenden Dingen seines Lebens. Viel Geld zu haben“, so schlussfolgerten sie, „ist kein Mittel um glücklich zu werden.“
    Auch Riesen-Glücksfälle haben nur vorübergehend Einfluss auf unser Glück und Wohlbefinden. Spätestens drei bis sechs Monate (vielleicht schon am nächsten Tag) nach dem Lottogewinn oder Karrieresprung pegelt sich die Stimmung wieder auf dem gewohnten Normalniveau ein. Es gibt eine Menge armer Leute, die glücklich und zufrieden sind und keinerlei Anstrengungen machen, irgend etwas dagegen zu tun. Es geht wirklich nicht darum, wie viel man verdient oder hat, sondern darum, von wie wenig man glücklich und zufrieden leben kann.
   Vergnügt zu sein, ohne Geld, das ist's, das ist der Stein der Weisen. Unser „Elend“ besteht nicht im Nichthaben der Dinge, sondern im Verlangen nach den Dingen. Andererseits gibt es eine Menge unglückliche Superreiche, und das überrascht uns auch wiederum nicht, wenn man die schwache Wechselwirkung zwischen Reichtum und Glück kennt und weiß, dass es immens wichtigere Glücksquellen als Reichtum gibt.
    Aber, ich verstehe die Superreichen. Wofür denn, um alles in der Welt, sollen sie auch ihr Geld ausgeben, wenn nicht für bestes Essen, beste Autos, Yachten, Vergnügungen, Luxus und Veranstaltungen aller Art? Was sollen sie mit ihrem Geld machen, ohne diese Genüsse? Das Geld dient zum guten Leben (und nicht das Leben zum Anhäufen von Geld.)
   Mit steigendem Einkommen steigen unsere Ansprüche. Je mehr aber unsere Wünsche und Bedürfnisse bereits befriedigt sind, desto geringer sind die zusätzlichen Glücksgewinne, die jeder weitere Einkommenszuwachs mit sich bringt. Je mehr wir haben, desto mehr haben wir zu wenig. Sind die Mindestbedürfnisse einmal befriedigt, geben einem die kleinen Freuden des Lebens das größtmögliche Glück: Gute zwischenmenschliche Beziehungen, eine gut funktionierende, intime Partnerschaft oder ein guter Freund, ein erfülltes Berufsleben - all das macht, alles in allem und summa summarum, glücklicher als ein Lotto-Gewinn.
  Das Fazit der internationalen Glücksforschung lautet deshalb fast wie ein Satz aus einem Kinder-Schulbuch. Auch wenn es unglaublich banal und heuchlerisch klingt: Ein hohes Einkommen mag zwar beruhigen - glücklicher aber macht es nicht. Denn mit Geld verhält es sich wie mit der Gesundheit und jedem anderen Gut: Sein Mangel mag zwar Trübsal, Jammer, Leid und Elend verursachen, aber es zu haben garantiert kein Glück. Wegen der schier unendlichen Anpassungsfähigkeit des Menschen gewöhnen wir uns nämlich sehr schnell an neue Lebensumstände, und wenn die Grundbedürfnisse einmal befriedigt sind, bringt jeder weitere Zuwachs an Einkommen einen immer kleineren Glückszugewinn. Nicht der heiß ersehnte Lottogewinn oder BIG BANG, sondern viele kleine bing, bing, bing, bing machen uns glücklich.

Beim dritten, für uns am interessantesten, weil genauesten und aussagekräftigsten Forschungsansatz ... mehr.

1) Inglehart, Ronald: Kultureller Umbruch. Wertewandel in der westlichen Welt. Campus Verlag, Frankfurt/M. 1989.
2) Inglehart, Ronald: Modernisierung und Postmodernisierung. Kultureller, wirtschaftlicher und politischer Wandel in 43 Gesellschaften. Campus Verlag, Frankfurt/M. 1998.


Die Einkommensverteilung in Deutschland 2016
Verdienen Sie unter- oder überdurchschnittlich?

   Gehören Sie zu den oberen 10 Prozent oder wenigstens zur oberen Hälfte? Machen Sie den Test und vergleichen Sie Ihr Gehalt mit dem Durchschnittsverdienst, mit Akademikern, Rentnern oder Alleinerziehenden.

   Damit Sie sich besser einschätzen können, haben Wissenschaftler des Instituts der Deutschen Wirtschaft (IW Köln) ein Online-Tool entwickelt, mit dem jeder seine relative Einkommensposition leicht mit anderen vergleichen kann.

   Die interaktive Grafik funktioniert denkbar einfach: Geben Sie rechts oben Ihr Haushaltsnettoeinkommen an (also alle Einkommen aller Haushaltsmitglieder zusammengerechnet). Geben Sie ferner an, wie viele Personen ab 14 Jahren und wie viele Personen unter 14 Jahren in Ihrem Haushalt leben. Mit diesen Angaben errechnet das Programm Ihr sogenanntes bedarfsgewichtetes Nettoeinkommen. Es macht nämlich einen großen Unterschied, ob Sie beispielsweise als Alleinverdiener Ihr Gehalt ganz für sich alleine behalten können oder ob Sie es mit Ihrem Partner und Kindern teilen müssen. Sie können Ihr Einkommen auch mit Teilgruppen vergleichen, beispielsweise mit Alleinerziehenden, Vollzeitarbeitern, Rentner oder der Menschen auf dem Land. Insgesamt können Sie 27 Teilgruppen auswählen.

   Für ihre Berechnungen haben die Wissenschaftler des IW Köln repräsentative Haushaltsbefragungen des sozio-ökonomischen Panels (SOEP, DIW Berlin) verwendet, das mit Daten aus dem Jahr 2016 arbeitet. Zum Einkommen zählen alle Einkünfte (also beispielsweise auch Mieten und Kindergeld), Steuern und Sozialvählenersicherungsbeiträge werden hingegen abgezogen.



   Lesen Sie hier die Studie des IW Kölns.



International Differences in Well-Being
Ed Diener, Daniel Kahneman und John Helliwell (Hrsg.):
International Differences in Well-Being
Sprache: Englisch
512 Seiten
Oxford University Press, USA
Erscheinungsdatum: 10. März 2010
66,67 €











 

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